12 Jahre „professionelles“ Tabletop
Aufgrund des Mangels an Veranstaltungen, bin ich mal meine Archive durchgegangen, um zu schauen, was man für einen Rückblick nochmal aufbereiten könnte. Und während ich da die Ordner mit Bildern und Dokumenten durchgegangen bin, ist mir aufgefallen, dass ich dieses Jahr mein 12.-jähriges "professionelles" Tabletopjubiläum habe.
(Links: Games Workshop Ladeneröffnung in Darmstadt 1999
Mitte: Mike McVey auf der Salute 2012 London, UK
Rechts: RPC 2012 Kick-Off in Köln)
Wie das gemeint ist? Im Tabletophobby bin ich seit 1996, aber seit 2008 eben auch mit Gewerbeschein. Wozu einen Gewerbeschein? Naja, ich habe da ein Blog betrieben und wollte da auf der sicheren Seite sein. Klingt jetzt ein bisschen wie mit Kanonen auf Spatzen geschossen, daher mal kurz erklärt, was da eigentlich los war.
Irgendwann 2007 bin ich der Redaktion eines deutschsprachigen Tabletopmagazins, welches als kostenlose PDF veröffentlicht wurde, beigetreten. Wir wollten das Konzept überarbeiten, da wir trotz digitaler Ausgabe mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatten, wie ein klassisches Printprodukt, also Redaktionsschlüsse, veralteten News und in gewisser Weise auch begrenztem Platz. Dazu haben wir dann auch die Möglichkeiten des Internets nicht völlig ausschöpfen können. Da die Redaktion komplett aus Freiwilligen bestand, die das ganze parallel zum Berufsleben oder Studium bewältigten, war das von wechselnder Verfügbarkeit gestraft und der Prozess dauerte doch deutlich länger an als geplant ohne das gewünschte Ergebnis zu liefern. Irgendwann hat dann Tobias, der damalige Chefredakteur, einen Schlussstrich gezogen und wollte Domain und alles Dazugehörige abmelden.
Um ehrlich zu sein, kann ich euch nicht genau sagen, was mich damals zu der Entscheidung bewegt hat, aber ich habe ihn gefragt, ob er denn das Magazin auch abgeben würde. Wir sind uns einig geworden, und da stand ich nun, 24 Jahre alt, mitten in der Ausbildung zum Logistikkaufmann und hatte ein Onlinemagazin "erstanden". Ich wollte auch das digitale Format in der PDF nicht fortführen und hatte daher mit Hilfe von WordPress (was ich bis heute verwende) ein Blog aufgesetzt und angefangen News zusammenzutragen. Man darf hier nicht vergessen, wir reden von einem deutschen Portal. Damals gab es eine Handvoll Foren, primär auf Englisch und man musste diese abgrasen um Gerüchte, Neuheiten und so weiter zu erfahren. Da gab es Portent, Sphärentor oder Wargate, und die nicht-GW Systeme waren noch mehr Nische und stärker unterrepräsentiert als heute. Motivation des Portals war es zum einen ein zentraler Anlaufpunkt für die deutschsprachigen Tabletopper zu sein, um all diese Information zu kommen ohne sich durch ein Dutzend Foren wühlen zu müssen, und auch einen leichteren Blick über den Tellerrand zu ermöglichen.
(Links: Spiel 2010 Aftershow-Pizza-Party mit Warlord, Mantic und Riverhorse
Mitte: Erste Kings of War Demo mit Alessio Cavatore in den Mantic Towers, Nottingham, UK
Rechts: Stephan Huber, ProGloria Miniatures und Paul Hicks auf der Crisis, Antwerpen, Belgien)
Obwohl mit dem Portal kein echtes Geld verdient wurde (Wir dürfen halt nicht vergessen, wir reden hier von Tabletop und die Werbeeinnahmen deckten die Kosten für den Server und ließen ein wenig Hobbybudget zu, was aber auch eher die grundlegendsten Spesen der Besuche abdeckte und nichts wovon man hätte Leben können) war ich darum bemüht, so professionell wie möglich zu sein. Ich habe hier also ein paar der Sachen angewendet, die ich im Betrieb meiner Eltern bzw. in der Ausbildung gelernt hatte. Vorallem die anständige und zuverlässige Kommunikation mit Herstellern und Händlern war mir sehr wichtig.
2008 bekam gab es schon viel positives Feedback auf das Portal und so war ich schnell nicht mehr alleine in der Blogpflege und weitere Hobbyisten hatten als Redakteur angeheuert und mitgeholfen Neuigkeiten zu sammeln oder Artikel zu schreiben. Das Portal ist ziemlich angewachsen und wir sind in den folgenden Jahren zum größten deutschsprachigen Newsportal im Tabletop geworden. Nach meiner Ausbildung habe ich mich an der Hochschule eingeschrieben und das Studentendasein gab mir die nötige Flexibilität um mich auch weiterhin um das Portal zu kümmern. Im Gegenzug war das Betreiben des Portal und Koordination der Redaktion (heute würde man sagen, Leitung eines virtuellen Teams) die ideale "Sandbox" um das neu-erlernte Wissen aus dem Studium in der Praxis anzuwenden. Als ich 2011 mein Wirtschaftsstudium abgeschlossen hatte, war mir aber auch schon klar, dass ich nicht einen Vollzeitjob und das Portal parallel auf dem Niveau betreiben könnte, wie es meinen Vorstellungen entsprechen würde. Und so hatte ich mir dann über eine Nachfolge Gedanken gemacht. Ich hatte mit den Werbepartnern und den befreundeten Tabletop-Unternehmern gesprochen, und dann letztendlich das Portal an ein befreundetes Verlagshaus verkauft, dass bereits ein Tabletopmagazin im Print anbot und in dem Zuge auch die Rolle des Chefredakteurs an meinen damaligen Stellvertreter übergeben. Danach war ich noch ein paar Jahre mit an Bord, hatte aber das Alltagsgeschäft den anderen überlassen, und mich primär um Veranstaltungsberichte und Rezensionen gekümmert, von denen ich bis heute über 400 geschrieben habe.
(Links: Jes Goodwin in der Bugmans Bar in Nottingham, UK
Mitte: Bit-Box Nachbesprechung in Mülheim an der Ruhr
Rechts: Wraith und Sickhase auf der Tactica in Hamburg)
Es war eine sehr interessante Zeit und ich habe eine Menge an tollen Menschen kennengelernt, von denen ich viele noch heute auf meinen verschiedenen Tabletoptouren treffe. Aber ich bin auch froh, mich nicht mehr tagtäglich um das Einsetzen der News zu kümmern und auch auf Messen und Veranstaltungen nicht mehr jede Neuheiten anschauen zu müssen. Dieses Blog, den Chaosbunker, hatte ich irgendwann 2009 aufgesetzt, als Nebenprojekt, um meine privaten Beiträge von den "offiziellen" Beiträgen abzugrenzen. Aber ich habe hier auch weiterhin das gemacht, woran ich Spaß hatte, vor allem die Reviews. Mir gefällt es Bausätze und Modelle zu bauen, und ich teile gerne meine Eindrücke und Erfahrungen mit den Produkten, insbesondere um auch etwas Aufmerksamkeit auf Sachen zu lenken, die sie anderweitig vielleicht nicht bekommen hätten. Das war sicherlich vor ein paar Jahren wichtiger, da aber mittlerweile die Qualität der Smartphones besser geworden ist, ist es auch ungemein einfach geworden Inhalte online zu stellen, sei es als Blog, Vlog oder in anderer Form.
Und natürlich genieße ich auch die Conventions, über die ich hier dann auch freier berichten kann. Ohne den vermeintlichen Druck im Nacken über die Neuheiten zu berichten und das auch noch zeitig, um die Aufmerksamkeit für maximale Reichweite mitzunehmen, ist das eine entspanntere Herangehensweise, den Tag einfach genießen und auch mal länger an einem Spieltisch zu sitzen. Insbesondere die Games Days der vor-Facebook Ära waren da schon ein ziemlich anstrengender Ritt, dazu aber später in diesem Monat mehr.
Da 2020 eben 2020 ist, werden wir dieses Jahr nicht mehr großartig was an Veranstaltungen sehen. Mit Ausnahme von vielleicht ein paar kleineren Turnieren der beinharten Spieler und privater Spielenächte. Aber da 2010 eins der aktivsten Jahre aus meiner Zeit als Chefredakteur war (wir haben auf der RPC das erste Tabletop Testgelände organisiert, die Pressetour nach Nottingham gemacht um nur mal zwei Beispiele zu nennen) ist das nach einer Dekade auch eine gute Gelegenheit für ein paar interessante Rückblicke, die man dann auch mit ein paar Hintergrundinformationen und bisher nicht gezeigten Bildern aufzuarbeiten.
August 10th, 2020
Gefällt mir, ist ein netter Rückblick. Dann mal auf zehn weitere Jahre!