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21Jan/200

Black Powder – Compagnies Franches de la Marine

Die Box der Compagnies Franches de la Marine erschien bereits vor Jahren bei Warlord Games, rückte aber durch die Veröffentlichung des Black Powder Supplements „A Dark And Bloody Ground“ für den French and Indian War wieder in den Fokus. Auch ein Sonderangebot von Warlord Games beinhalteten diese Box, sodass sich ein Blick lohnt.

Black Powder - Compagnies Franches de la Marine Black Powder - Compagnies Franches de la Marine Black Powder - Compagnies Franches de la Marine

Die Colonial Compagnies Franches de la Marine waren eine Eigenart des französischen Militärs in der Zeit des Absolutismus. Es handelte sich hierbei nicht – wie der Name vermuten lässt – um Marineinfanterie. Diese wurde Compagnies Franches de la Marine (also ohne den Hinweis „Colonial“) oder Compagnies Franches de la Galères genannt. Die Uniformen unterschieden sich dabei nur unwesentlich, doch waren die kolonialen Kompanien nicht für den Dienst auf Schiffen gedacht. Der Fernhandel und folglich auch der Schutz des Fernhandels oblag dem Marineministerium, daher unterstanden auch die Soldaten entsprechend der Marine. Die Colonial Compagnies Franches de la Marine operierten in unabhängigen Kompanien, waren also grundsätzlich nicht in Bataillonen oder Regimentern stationiert, auch wenn es eine entsprechende übergeordnete Verwaltungsgröße wohl durchaus gab. Rekrutiert wurden die Soldaten in Frankreich und dann in Neufrankreich oder anderen Kolonien stationiert. Die Uniformen wurden inoffiziell durch leichte Modifikationen den klimatischen Bedingungen angepasst, waren sonst aber überall gleich. Das galt zumindest für die reguläre Uniform, die auf Paraden oder im Garnisonsdienst in größeren Städten getragen wurde. Die Felduniform hingegen konnte erheblich von den eigentlichen Regularien abweichen. Frankreich war eben weit weg. Offiziere wie Mannschaften übernahmen schnell Kleidung und Ausrüstung einheimischen Hilfstruppen und indianischer Verbündeter. Als grobe Faustregel könnte man sagen, dass die Kleidung oberhalb des Gürtels von lokalen Milizen stammte, unterhalb von Indianern. Die Soldaten trugen außerdem oft ein Messer an einem Riemen um den Hals, wie es die Kanadier taten, sie übernahmen aber auch den Tomahawk als Allzweckwerkzeug der Indianer.

Öffnen wir die Box, kommt uns eine etwas eigenwillige zweite Verpackung entgegen. Warum Warlord Games die Modelle noch einmal in zwei Blister verpackt, erschließt sich mir nicht sofort. Es gäbe sicher auch verpackungsärmere Lösungen.

Black Powder - Compagnies Franches de la Marine

Die hier vorgestellte Box deckt die Colonial Compagnies Franches de la Marine im 18. Jahrhundert ab. Die Box mit 20 Miniaturen aus White Metal wird bei Warlord für 27.50 GBP angeboten. In Deutschland bekommt man sie in gängigen Shops für Preise zwischen ca. 28,00 und 34,00 EUR. Das entspricht einem Preis von maximal 1,70 EUR pro Miniatur. Der Inhalt der Box wird angegeben mit einem Hauptmann und 19 mit Musketen bewaffnete Soldaten. Dies ist allerdings nicht ganz korrekt, doch dazu später mehr, kommen wir erst einmal zum Offensichtlichen. Die Modelle sind im 28mm Maßstab gehalten und tendieren zu einem soliden True Scale. Der Guss ist scharf, die vielen Details an den Uniformen kann man deutlich erkennen. Sehr angenehm überrascht die Tatsache, dass es kein Modell zweimal gibt. Das ist bei 20 Metallfiguren durchaus beeindruckend und würde ich in der Form auch fairerweise nie erwarten.

Black Powder - Compagnies Franches de la Marine

Wie so viele Miniaturen stammte auch die Reihe für den French and Indian War nicht von Warlord Games selbst, sie wurde aufgekauft. Ursprünglich stammte sie von dem Kleinserienhersteller Conquest Miniatures (nicht zu verwechseln mit Conquest Games!) aus den USA. Hier wurden die Modelle in Blistern mit je 6 Modellen vertrieben, bis Warlord die Serie übernahm und einige Modelle der Reihe in Boxen umpackte. Auch die Plains Wars Reihe von Warlord Games kam ursprünglich von Conquest Miniatures. Ob die späteren Veröffentlichungen, wie die Colonial Provincials ebenfalls noch von Conquest Miniatures stammen oder von Warlord selbst produziert wurden, kann ich nicht beantworten, ich werde bei Gelegenheit neue und alte Modelle miteinander vergleichen und es euch wissen lassen.

Black Powder - Compagnies Franches de la Marine

Die Modelle tragen keine extrem spezialisierte Kleidung und sind somit für alle amerikanischen Gebiete unter französischer Kontrolle geeignet, auch wenn sie insgesamt eher für gemäßigte oder kältere Gebiete ausgerüstet sind. Für New Orleans wären einige Modelle wenig geeignet, allerdings auch für den strengen kanadischen Winter, wobei aber einige Modelle mit knielangen Kapuzenmänteln ausgestattet sind und so zumindest behelfsmäßig für ein winterliches Gefecht geeignet wären. Andere Soldaten tragen nur weite Hemden, manche davon haben die Ärmel nach oben geschlagen, so dass die Unterarme frei sind. Ausgerüstet sind alle 20 Modelle mit Musketen. Viele Soldaten tragen außerdem einen Tomahawk, einige sind mit einem oder mehreren Messern ausgestattet. Schön ist, dass auch hier einige Soldaten das charakteristische Messer am Halsriemen tragen, was, wie gesagt, eine verbreitete Praxis war. Die Posen sind sehr dynamisch und manche mögen etwas seltsam anmuten (so etwa auf dem folgenden Bild der Soldat in der Mitte; tatsächlich greift er gerade im Lauf zum Pulverhorn), sie sind aber alle durchaus der Kampfweise der Compagnies Franches de la Marine angemessen.

Black Powder - Compagnies Franches de la Marine

Der Offizier ist leicht zu erkennen, da er, wie es damals gängige Praxis war, einen Dreispitz trägt. Zur besseren Identifizierung behielten die Offiziere außerdem ihre Gorgets an (das sind diese Metallplatten, die an einer Kette um den Hals getragen wurden), manche trugen auch ihren Säbel weiter bei sich, Unteroffiziere hingegen legten ihre für den Wald vollkommen unpraktischen Stangenwaffen ab und tauschten sie, ebenso wie die Offiziere, gegen Musketen aus. Sie unterschieden sich dadurch gar nicht mehr vom einfachen Soldaten, weshalb logischerweise unter den Modellen auch kein NCO zu erkennen ist.

Black Powder - Compagnies Franches de la Marine

Wir erhalten mit der Box eine Mischung aus unterschiedlichen Posen, die sehr gut zu plänkelnden Soldaten passen. Die Modelle lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: 9 vorstoßende und angreifende Soldaten, sowie 8 schießende und landende Soldaten. Dazu kommt der Offizier, der sich prinzipiell in beiden Gruppen ganz gut einbauen lässt. Die übrigen zwei Modelle lassen sich keiner Gruppe zuordnen (im Bild oben sind es die beiden Modelle jeweils ganz links). Sie stehen beide in eher lässigen Haltungen. Ein Modell trägt ein sogenanntes Jagdhemd, eine Art kurzen Mantel, der an den Enden mit Fransen verziert ist. Auch das Gepäck ist eher unüblich für einen Soldaten der Compagnies Franches de la Marine, nur seine Lagermütze weist auf seine Truppenzugehörigkeit hin, diese wurde aber durchaus auch von anderen Kämpfern getragen. Ich würde bei dem Modell eher von einem Coureur des Bois ausgehen. Ursprünglich handelte es sich dabei um Pelzhändler, die auf eigene Faust mit den Indianern Handel trieben. Oft entstanden daraus auch Lebensgemeinschaften, wenn ein Pelzhändler in einem Stamm einheiratete. Nachdem der Pelzhandel durch Handelskompanien zu Beginn des 18. Jahrhunderts zunehmend zentralisiert wurde, übernahmen die Coureur des Bois zunehmend Transportaufgaben oder vermittelten zwischen Indianern und Europäern. Im French and Indian War kämpften sie in irregulären Einheiten mit Indianern zusammen und überfielen im Grenzland abgelegene Farmen oder arbeiteten als Führer oder Kundschafter für das Militär. Es macht also durchaus Sinn, das Modell zu verwenden. Seine eher entspannte Haltung qualifiziert ihn eher für die hintere Reihe. Sollen sich die Soldaten doch um die Drecksarbeit kümmern!

Das andere Modell trägt den gleichen Kurzmantel und eine Lagermütze wie alle anderen Soldaten. Außerdem eine Muskete, die auf dem Boden aufgestützt ist. Allerdings erkennt man hier im Gegensatz zu den anderen Soldaten eine Schärpe. Bei eingehender Untersuchung findet man dann auch eng am Bein anliegend einen Säbel und am Hals ein Gorget. Wir haben es hier mit einem weiteren Offizier zu tun. Auf dem folgenden Bild kann man den Offizier noch einmal sehr gut sehen.

Black Powder - Compagnies Franches de la Marine Black Powder - Compagnies Franches de la Marine

Nachfolgend sieht man noch, dass sich die Soldaten der Compagnies Franches de la Marine sehr gut neben den anderen Modellen der Reihe einpassen. Neben unseren inziwschen bekannten Offizier seht ihr links einen Colonial Ranger und rechts einen leichten Infanteristen der britischen Armee.

Um aus der Box also ein ganzes Regiment für Systeme wie Black Powder zu basteln, müsst ihr hier etwas kompromissbereit sein. Ich persönlich mag es lieber, wenn alle Soldaten in einem Regiment das Gleiche tun, allerdings kann man hier durchaus argumentieren, dass in einem unübersichtlichen Nahkampf im dichten Wald durchaus auch Soldaten auf kürzeste Distanz ihre Musketen abfeuern, während Kameraden bereits mit gezückten Tomahawk zur Tat schreiten. Ihr könnt also getrost die Modelle durchmischen und bekommt dann einen recht wilden Haufen, den man bequem auf 5 Multibases verteilen kann. Einen Fähnrich und einen Musiker gibt es übrigens nicht. Die Compagnies Franches de la Marine nahm so unpraktischen Schnickschnack einfach nicht mit in den Busch, insofern ist das kein Problem für unser Regiment.

Jetzt ist Black Powder aber vielleicht nicht das erste System, was uns für den French and Indian War einfällt. Natürlich gab es einige beachtlich große Schlachten mit mehreren tausend Beteiligten in Nordamerika, aber ich denke, den meisten Spielern kommen doch eher kleine Überfälle in den Sinn. Wie eignet sich die Box also für Systeme wie Muskets & Tomahawks von Studio Tomahawk? Absolut, kann ich da sagen. Der Inhalt der Box reicht immerhin für 169 regelkonforme Punkte, dabei bleiben ein Offizier und zwei Soldaten als Rest. Mit einem Blister Indianer von Perry Miniatures, Warlord Games oder Crusader Miniatures habt ihr dann die 200 Punkte schon voll und habt dafür etwa 40 Euro ausgegeben. Alternativ könnte man auch Frontiersmen von Warlord Games kaufen und mit den beiden überzähligen Soldaten noch einen Trupp Coureur des Bois aufstellen, was uns mit dem überzähligen Offizier schon sehr nah an die 300-Punkte-Marke bringt.

Fazit
Mit ca. 1,70 EUR pro Metallminiatur ist die Box vollkommen fair bepreist. Der mehrmalige Kauf lohnt sich freilich nur, wenn man ein größeres Massenschlachtensystem wie Black Powder spielen möchte. Für die meisten Skirmisher oder Mass Skirmisher ist eine Box wohl meist ausreichend. Der Guss der Modelle ist gelungen, die Posenvielfalt beeindruckend, da sich kein Modell wiederholt. Das ist besonders dann interessant, wenn man mehrere Regimenter dieses Typs aufstellen möchte. Auch sind die Posen insgesamt glaubwürdig und stimmig, auch wenn sie sich nicht vollkommen uneingeschränkt zu einer Einheit zusammenfügen lassen. Da es sich hierbei aber um Plänkler handelt, würde ich ohnehin davon abraten, zu viele Modelle auf eine Base zu setzen. Es ist ja gängige Praxis im historischen Wargaming, leichte Infanterie durch weniger Modelle in loser Formation darzustellen.
Die Modelle fangen die Zeit und die Optik des Konflikts sehr gut ein, da es dem Modellierer gelungen ist, das ikonische Erscheinungsbild der Compagnies Franches de la Marine in all seinen Facetten einzufangen. Interessant wäre die nur die Frage, ob der zusätzliche Offizier von der für das Packen der Box zuständigen Dame einfach als solcher nicht erkannt wurde oder ob immer ein weiterer Offizier der Box beiliegt. Ferner wäre es nicht uninteressant, ob es in verschiedenen Boxen grundsätzlich andere Zusammenstellungen der Miniaturen gibt. Ich weiß, dass es noch mindestens zwei weitere Posen gibt, auch wenn das überraschen mag, da es ja hier schon 20 verschiedene waren. Ich kann dahingehend nichts versprechen, aber wenn sich die Gelegenheit ergibt und wir an eine weitere Box kommen sollten, werden wir das natürlich überprüfen.

Black Powder ist eine Marke von Warlord Games und wird in Deutschland u.a. über Radaddel vertrieben.

Das vorgestellte Produkt wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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Autor Info's mit anzeigen Gregor

veröffentlicht unter: Historisch, Reviews Kommentar schreiben
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