Bolt Action Campaign Fortress Budapest
Mit dem Kampagnenband Festung Budapest öffnet sich für Bolt Action ein neues Schlachtfeld am südlichen Ende der Ostfront. Und anders als bei ein paar der anderen Kampagnenerweiterungen ist es auch kein Abschnitt, der bereits in einem der breiter gefächerten Bücher abgedeckt wurde.
Fortress Budapest deckt dabei die Budapest Offensive der sowjetischen und rumänischen Streitkräfte in den letzten Kriegsjahren 1944 - 45 gegen die Truppen des dritten Reichs und Ungarn. Somit erhalten die Gefechte an der Ostfront noch mal etwas Aufmerksamkeit, darunter auch die kleineren verbündeten Nationen der Achsenmächte und Alliierten. Mit 168 Seiten teilt sich diese Erweiterung auch die bisherige Bestmarke mit Western Desert. Trotzdem bleibt Warlord Games beim bekannten Preisband von 19,99 GBP bzw. 30 USD (also knapp 25 EUR) und bietet wie üblich für die Direktkunden eine besondere Miniatur an. Diese ist der ungarische Major Edomar Tassonyi. Auch bei Fortress Budapest gibt es ein frühes Cover, welches bis zum Release nochmal geändert wurde. Allerdings bleibt dieses Mal das Motiv das gleiche, nur sieht der Soldat deutlich gezeichneter vom Kampf aus.
Das Buch ist das erste aus der Feder von Bryan Cook. Sofern ich nicht falsch liege, hat er an der ursprünglichen Australien Armeeliste gearbeitet, die später in Teilen von Campaign New Guinea verwendet wurde. Es ist auch nicht das erste Mal das rumänische und ungarische Armeen bei Bolt Action ins Scheinwerferlicht kommen, beide verfügen über kleinere Armeelisten und Theatre Selectors in der Erweiterung Italy and the Axis.
Worum geht es?
Wie der Name es bereits erahnen lässt, geht hier um die Belagerung von Budapest von 1944 bis 1945. Also ganz klar Spielinhalt der späten Kriegsjahre. Die Budapest Offensive begann im Oktober 1944, mit einer Großoffensive der sowjetischen und rumänischen Armee, nach dem die sowjetischen Streitkräfte Rumänien in der Iasi-Kishinev Offensive sichern konnten und so tiefer in den Balkan vordrangen. Ein Verbund der deutschen und ungarischen Truppen versuchte den Vormarsch der sowjetischen und rumänischen Armeen zu stoppen. Im Oktober und November 1944 schlugen die ersten Versuche die Stadt einzunehmen fehl, aber als im Dezember Belgrad befreit wurde konnte die Rote Armee weitere Einsatzverbände nach Ungarn verlegen und so das Kräfteverhältnis ausgleichen. Die Rote Armee konnte zwei groß angelegte Angriffe südlich und nördlich der Stadt durchführen und so knapp 80.000 deutsche und ungarische Soldaten in der Stadt einkreisen. Im Januar gelang es mit deutscher Verstärkung einen Gegenangriff zu starten, der es schaffte die Schlachtlinie an manchen Stellen um bis zu 25 km von der Stadt weg zu treiben, aber die Sowjets hielten Stand. Im Februar erhöhte die Rote Armee den Druck auf die belagerte Stadt und nach einem halben Monat kapitulierten die deutschen Soldaten. Mit dem Verlust von Budapest ist die Heeresgruppe Süd mehr oder weniger zerbrochen und öffnete so für die Alliierten an der Ostfront das Tor nach Wien, die Tschechoslowakei und der südlichen Grenze ins Deutsche Reich. Das Buch setzt aber schon früher an, mit dem Vorrücken der sowjetischen Armee am Ojtózi Pass und der Schlacht um Turda, auch hört man nicht mit dem Fall der Stadt auf, sondern fährt bis zum Unternehmen Frühlingserwachen fort.
Die Reihe an Kämpfen, inklusive Einführung und Ausleitung sind auf etwa 100 Seiten mit 16 Szenarios abdeckt. Da es in dieser Erweiterung um Belagerung und Verteidigung einer Stadt geht, sind natürlich einige Szenarien entsprechende Stadtkämpfe, ähnlich wie in Road to Berlin. Die neue Gliederung der Kapitel wird auch in Fortress Budapest fortgeführt, hier sind also z.B. die neuen Einheiten in einem eigenen Kapitel von gut 30 Seiten zusammengefasst und nicht über das Buch verteilt. Danach finden sich 20 Seiten mit Theatre Selectors, und zum Schluss, wie man es von den anderen Bolt Action Erweiterungen gewohnt ist, die zusätzlichen, spezifischen Sonderregeln. Keine Überraschungen hier, es geht um Stadtgefechte, Schnee und Minenfelder.
Erster Eindruck
Warlord Games und Osprey machen einen anständigen Job mit den Erweiterungen. Es gibt eine Übersicht über die historische Situation, gut gefüttert mit Illustrationen, Zeichnungen und Schlachtenszenen. Ich bin sehr angetan davon, dass man auch hier merkt, es tut sich was. Es wird optimiert, wie z.B. die Gliederung der neuen Einheiten in einem eigenen Kapitel und nicht mehr quer über das Buch verteilt. Es ist so viel angenehmer und einfacher in der Handhabung. Das Buch erinnert mich stark an Road to Berlin. Zahlreiche Gefechte in den Straßenschluchten, aber etwas schwereres Kriegsgerät, denn die ungarischen und rumänischen Armeelisten sind eben richtige Armeen und damit anders ausgestattet als die polnischen oder tschechischen Milizen. Eigentlich haben diese kleineren Armeen auch primär nur Zinnminiaturen und Resinfahrzeuge, aber da beide Seiten jeweils vom "großen Bruder" stark unterstützt wurden, hat man auch Zugang zu sowjetischen und deutschen Einheiten. Wer also Appetit auf einen Tiger oder StuG hat, aber keine der großen Nationen spielen möchte, der könnte hier fündig werden.
Das Buch deckt dabei natürlich eine Menge an neuen Einheiten und passenden Theatre Selectors ab. Für das Deutsche Reich bedeutet dies einige neue Einheiten der SS, darunter Kavallerie und Panzer Pioniere. Die Rote Armee erhält Zugriff auf einige Lend & Lease Fahrzeuge wie u.a. Shermans und Universal Carriers, aber der größte Profiteur der neuen Einheiten ist ohne Frage die ungarische Armeeliste. Zahlreiche Sturmeinheiten, Milizen und Sonderverbände wie die Flotilla Infanterie oder Honvéd Division sind nur ein Auszug, wo natürlich noch Feldgeschütze und Fahrzeuge dazukommen. Die Rumänen erhalten auch ein kleines Upgrade, mit Pionieren, Gebirgsjägern und Tacam R-2 TD, eben entsprechend kompakt. Das komplette Buch bringt auch lediglich zwei neue Legenden, Ensin Janos Bozsoki und Major Edömer Tassonyi, beide Soldaten der ungarischen Armee. Eigentlich würde ich hier entsprechende Links zu Wikipedia einfügen für weitere Informationen, aber es habe online quasi nichts zu den beiden gefunden, außer einem Kurzprofil auf TracesofWar und der kurzen Einführung auf der Warlord Games Webseite. Weitere wichtige Personen wurden im Buch zwar erwähnt, aber nicht weiter ausgeführt.
Die Theatre Selectors sind primär für gepanzerte und verstärkte Züge ausgelegt, mit ein paar Ausnahmen für die besonderen Szenarien, wie z.B. an der Karpatische Gebirgsgrenze. Interessant ist da auch die Stadtkampfgruppe der Sowjets, da man hier auf Veteranen aus Schlachten wie Stalingrad setzt und die Liste nicht auf die übliche "grüne/rote Welle" setzt. Die Sonderregeln hatte ich oben bereits kurz angeschnitten, nichts unerwartetes, aber passende Inhalte mit Stadtkämpfen, dem Wetter auf dem Balkan und Minenfeldern (die hätte man, so oft wie diese mittlerweile vorkommen, im Grundregelwerk unterbringen können).
Die insgesamt 16 Szenarien von Fortress Budapest sind in chronologischer Reihenfolge aufgestellt. Vom ersten Vordringen der Roten Armee über den Oituz-Pass (heute Rumänien), über Tordá und Debreczin bis nach Budapest.
- Szenario 1: Fighting for Transylvania - Hold the Ojtózi Pass
- Szenario 2: The Battle of Tordá - Into the Valley of Death
- Szenario 3: Counter-attack at Debrecen - Operation Debrecen
- Szenario 4: Encirclement - Flak Regiment 133
- Szenario 5: Encirclement - The Attila Line
- Szenario 6: Encirclement - Counter-attack at Pestszentimre
- Szenario 7: Festung Budapest - The Back Door Left Open
- Szenario 8: Festung Budapest - Street Fighting in Pest
- Szenario 9: Festung Budapest - Withdrawal Across the Danube
- Szenario 10: Relief Attempts - Operation Konradi I
- Szenario 11: Relief Attempts - Operation Konradi III
- Szenario 12: Last Stand in Buda - Farkasréti Cemetery
- Szenario 13: Last Stand in Buda - The Buda Hills
- Szenario 14: Last Stand in Buda - Supply Drop
- Szenario 15: Last Stand in Buda - The Last redoubt
- Szenario 16: Operation Spring Awakening - Death Ride of the Panzers
Wie spielt sich Fortress Budapest?
Wir reden über die letzten Kriegsjahre, wir reden über letzte, hoffnungslose Gefechte und zahlreiche Schlacht zwischen der roten Armee und Verbänden der Waffen-SS. Also viel Potenzial für schweres Gerät und harte Truppen. Und das kann man auch machen, wenn man möchte. Aber durch die kleineren, verbündeten Nationen und abhängig davon welche Welle der Belagerung man spielen möchte, kann man auch deutlich leichterer, weniger erfahrene Truppen aufstellen.
Und wie manche von euch wissen, ich bin ein Fan von Themenarmeen und auch dieses Buch bringt hier wieder tolle Anregungen mit sich. Z.B. der ungarische Fahrzeugpool, mit den Eigenproduktionen an Kriegsgerät ist ohne Frage etwas, das sich abhebt. Damit hat man mehr Optionen als nur die T- und IS-Reihe Panzer der roten Armee und die Großkatzen der Deutschen, aber in einem deutlich moderateren Rahmen. Dazu noch Gebirgsjäger und Kavallerieeinheiten für kleinere Spiele, fernab der grimmigen Stadtkämpfe.
Zusammen mit dem Road to Berlin Buch, kann man hier eine große Kampagne spielen, die den Fall der Ostfront unter Einbindung vieler kleiner alliierten Streitkräfte abbildet.
Wie geht es weiter?
Wie vor ein paar Tagen bereits erwähnt, ist die neueste Erweiterung Campaign D-Day: Overlord bereits erschienen. Sie deckt die wahrscheinlich bekannteste Operation des zweiten Weltkriegs ab, die Landung in der Normandie und die darauf folgenden Aktivitäten an der Westfront. Nicht nur etwas exotischer, sondern eine in sich geschlossene Erweiterung für Bolt Action erscheint mit Korea.
Auf der Salute gab es bereits einige der neuen Miniaturen zu sehen, die meisten erscheinenden Neuheiten wurden im Newsletter gezeigt und es gibt sogar eine Box ähnlich wie wir sie von Dad's Army kennen von MASH. Korea als Erweiterung macht auch Sinn, da einige der US Amerikanischen Einheiten und Fahrzeuge für diesen Teil des kalten Kriegs ebenfalls eingesetzt werden können, zumindest mit überschaubarem Zusatzaufwand. Ich kann mir in Zukunft noch weitere Erweiterungen vom 1. Weltkrieg bis Vietnam vorstellen.
Fazit
Es war eine willkommene Abwechslung etwas "neues" im Fokus zu haben, anstelle eines Themas, das in den Büchern und anderen Bereichen schon gefühlt ein dutzend Mal abgedeckt wurde. Und man hat hier auch nicht nur bisschen an der Oberfläche gekratzt, denn allein mit den 16 Szenarios hat man 100 Seiten schon gut gefüllt und dem Buch einen soliden Umfang gegönnt. Das Design der Seiten ist gewohnt hochwertig, mit zahlreichen Bildern, Illustrationen und Schlachtszenen. Gerade letztere haben mich wirklich begeistert, denn diese sind für die Stadtkämpfe besonders gut gelungen und fangen den Leser stark ein. Das einzige Manko soweit sind die bekannten Tippfehler in deutschen Bezeichnungen, fehlende oder fehlplatzierte Buchstaben. Das gleiche ist auch bei den ungarischen Namen möglich, da ich keinen Zugriff auf einen Muttersprachler hatte, konnte ich das leider nicht gegenprüfen.
Das Buch ist aus meiner Sicht eine interessante Ergänzung für die Bolt Action Sammlung. Für mich war da ein Abschnitt des Kriegs abgedeckt, den ich bisher nicht so auf dem Schirm hatte und eben auch ein gewisses Nischendasein fristet. Aber dabei eben nicht wirklich Nische ist. Ich hatte das Problem mit dem Flaschenhals schon bei der Battle of France Erweiterung angesprochen, wo es schwierig wäre, die passenden Spieler zu finden. Bei Fortress Budapest ist das ein deutlich geringeres Problem, da ein Großteil der Missionen mit einer deutschen und sowjetischen Streitmacht ausgetragen werden kann, und damit eine Option darstellt, die ein deutlich breiteres Publikum anspricht.
Bryan Cook benennt unter anderem diese beide Osprey Bücher als Quelle, MAA 246 The Romanian Army of World War II und MAA 449 The Royal Hungarian Army in World War II. Ich würde ergänzend noch das Buch hier empfehlen New Vanguard (NVG) 199 Tanks of Hitler’s Eastern Allies 1941–45.
Es gibt aktuell noch keine Information, was nach dem Korea Kampagnenband ansteht, aber ich würde mich freuen, wenn es mit weiteren Abschnitten und Kriegsschauplätzen weiter geht, die bisher weniger Aufmerksam bekommen haben. Vielleicht geht es wieder in den Pazifik oder weitere Unternehmen in Europa, wie z.B. das Unternehmen Weserübung.
Bolt Action ist eine Marke von Warlord Games und wird in Deutschland u.a. über Radaddel vertrieben.
Das vorgestellte Produkt wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.
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